STADTSCHREIBERIN: Preisträgerin Ida Todisco bei der Lesung im Mollerhaus. (Foto: Dagmar Mendel)
Es sind die Namen von 36 Frauen, die am Samstagabend auf dem großen Plakat aus dem schwarzen Hintergrund im Mollerhaus heraustreten. "Allen Autorinnen für ihre Beiträge herzlichen Dank!", steht darunter anerkennend. Und mit Anerkennung und Dank werden an diesem Abend auch immer wieder Blümchen überreicht. Feierlich " aber ohne Pomp. Von Frauen für Frauen.
Ein neues Buch über Darmstadt ist am entstehen "ein Darmstadt-Buch, wie es vorher noch keines gab. "Wir hatten den Eindruck, es fehlt was", befindet Helga Zeidler vom Verein Hypatia unprätentiös mit Blick auf das Buch "Frauen schreiben Stadt".
Unter diesem Titel hat der Verein einen Preis ausgeschrieben und damit Frauen aufgefordert, Ansichten über ihre Stadt zu Papier zu bringen. Das Ziel formuliert Hypatia-Mitglied Irmel Meier so: "Darmstadt aus weiblicher Perspektive beleuchten und das Leben der Frauen dokumentieren."
Dass dabei zum Teil recht sachliche Abhandlungen herausgekommen sind, mag am dokumentarischen Anspruch liegen, aber auch an der Herkunft der Autorinnen. Anna Schneider, die den dritten Preis gewonnen hat, ist studierte Amerikanistin.
Ihr Beitrag "Unsere große kleine Stadt" ist ein persönlich gefärbter Spaziergang durch Darmstadt mit kritischen Anmerkungen aus Frauensicht. So bemängelt sie den Rückgang öffentlicher Räume im Zuge von Videoüberwachung oder Privatisierung oder lobt den Bessunger Jazzkeller " weil man da als Frau auch alleine hingehen kann.
Dass Frauen bei Dunkelheit jahrhundertlang nicht alleine hinausgehen konnten, ohne als Prostituierte zu gelten, ist unter anderem Thema des Beitrags "Frauen(leben) um den Darmstädter Marktplatz " eine historische Spurensuche" von Elke Hausberg und Agnes Schmidt.
Beide sind Mitglied im Deutschen Frauenring und nehmen Darmstadt eher geschichtswissenschaftich-feministisch unter die Lupe. Stein des Anstoßes ist etwa, dass die meisten öffentlichen Orte in Darmstadt nach Männern benannt sind und Frauen in der lokalen Geschichtsschreibung zu wenig vorkommen " ein Missstand, gegen den das Buch vorgehen will.
Dass das auch mit unterhaltsamem Anspruch gelingt, ist unter anderem Ida Todisco zu verdanken. Sie hat mit ihrer Kurzgeschichte "Zwischen den Jahren" den ersten Preis gewonnen. Flott und humorig liest sie aus ihrer lebensnah wie nachdenklichen Geschichte über das Wiedersehen mit einer alten Freundin Martina.
Ihr Darmstadt kommt vor allem in Form von Erinnerungen herüber " an das Minicafé, in dem sie die Hälfte ihrer blauen Freistunden verbrachte oder an das Merckshaus, wohin sie ihre Großmutter zur Blutabnahme begleitete.
"Was kann einer Frauenbeauftragten besseres passieren, als so ein Wettbewerb " in dem Frauen Frauen beauftragten", freute sich die städtische Frauenbeauftragte Barbara Akdeniz über das Buchprojekt, zu dessen Realisierung sie knapp 5000 Euro beisteuern will.
Es sei ein wichtiger Beitrag zur Erforschung der Frauengeschichte Darmstadts. Preisträgerin Todisco drückte es weniger global aus: "Ich freu mich voll. Es ist toll, Preise zu gewinnen."
Das Buch soll voraussichtlich im Frühjahr erscheinen und im Darmstädter Buchhandel erhältlich sein.
Alexandra Welsch